Stolpersteine in Hameln

Namen und Schicksale

 

Johanne Michaelis – Osterstraße 7

 

Aus der bedeutenden alteingesessenen Hamelner Familie Michaelis lebten 1933 nur noch die beiden Geschwister Julius und Johanne. Von ihrem Vater hatten sie das Haus Nr. 7 in der Osterstraße geerbt. Beide waren unverheiratet. Es ging bescheiden zu.

Am 24. Februar 1934 starb Julius Michaelis. Nach seinem Tod lebte Johanne von den Mieteinnahmen aus dem Haus, in dem sie 1871 geboren war.

1939 musste sie auf Anweisung der Stadtverwaltung das Haus verkaufen. Der Kaufvertrag mit dem Gärtnereibesitzer Pfohl sicherte ihr lebenslanges Wohnrecht zu.

Das Finanzamt Hameln sperrte ihr Konto, so dass sie über den Erlös aus dem Verkauf des Hauses nicht verfügen konnte. Zur Deckung ihres Lebensbedarfs erhielt sie monatlich 150 RM.

Entgegen dem Mietvertrag, der ihr lebenslanges Wohnrecht zusicherte, musste Johanne Michaelis auf Anordnung der Stadt Hameln 1940 in das „Judenhaus“ Pferdemarkt 8 ziehen.

Nachdem Johanne die Benachrichtigung erhalten hatte, sich auf den Abtransport nach Theresienstadt vorzubereiten, bat sie einen Tischler, ihr eine Transportkiste anzufertigen.

Dabei übergab sie ihm eine Gedenktasse mit den Initialen „C M“ (für Carl Michaelis) und den Jahreszahlen „1863-1888“. Die Tasse war anlässlich der silbernen Hochzeit ihrer Großeltern angefertigt worden. Sie mochte sie nicht mitnehmen und bat ihn, die Tasse „bis nach dem Kriege“ aufzubewahren.

Kurz nach ihrer am 23. Juli 1942 erfolgten Deportation in das „Altersghetto“ Theresienstadt hob am 4. August 1942 der Oberfinanzpräsident ihr restliches Vermögen in Höhe von 13.684,95 RM von ihrem Sparkonto „zwecks Einkauf in ein jüdisches Alters- und Siechenheim“ ab. Wie andere jüdische Bürger auch hatten die NS-Behörden die alte Dame zum Abschluss eines sog. „Heimeinkaufsvertrages“ in das KZ Theresienstadt gezwungen.

Die öffentliche Versteigerung ihres Hausrats unter den Bürgern der Stadt erbrachte 963,97 RM für die Finanzkasse. Zuvor hatte sich das Finanzamt Hameln ein Bett und eine Steppdecke aus ihrem Besitz zur „Ausstattung der Diensträume“ sichern können.

Johanne Michaelis starb am 16. Februar 1943 an den unsäglichen Bedingungen, die in Theresienstadt herrschten.

 

Der Text des Stolpersteins für Johanne Michaelis lautet:

HIER WOHNTE
JOHANNE
MICHAELIS
JG. 1871
DEPORTIERT 1942
THERESIENSTADT
ERMORDET 16.2.1943

 
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