Stolpersteine in Hameln

Namen und Schicksale

 

Schwestern Helene und Meta Bloch – Osterstraße 36

 

1910 eröffneten die Schwestern Helene (geb. 22. März 1879 in Vechta) und Meta Bloch (geb. 22.12.1881 in Vechta) in der Osterstraße 36 ein „Weißwaren- und Korsettgeschäft“. Eine Zeitzeugin beschreibt Meta und Helene Bloch als sehr kultivierte und sehr religiöse Damen. In ihrem Geschäft habe es feinste Wäsche gegeben.

Nach den Boykotten der Nationalsozialisten gegen die jüdischen Geschäfte, so die Zeitzeugin, hätten Meta und Helene Bloch sehr darüber geklagt, dass die Kundschaft ausbliebe. Eine der Schwestern habe gesagt:

Ja, das geht uns so schlecht, weil viele nicht mehr glauben.

Im Hamelner Adressbuch von 1935/36 wird das Geschäft der beiden Schwestern zum letzten Male genannt. Helene und Meta Bloch verließen Hameln und gingen in ihre Geburtsstadt Vechta, wo ihre Schwestern Sara und Dora ein Textilgeschäft besaßen. Das Geschäft wurde in der „Reichskristallnacht“ 1938 geplündert. Das Haus musste verkauft werden. Anschließend zogen die vier Schwestern zu ihrem Bruder Albert und dessen Ehefrau nach Bremen.

Es gibt zwei erschütternde Abschiedsbriefe der Schwestern an eine befreundete nichtjüdische Familie in Vechta.

Bremen, d. 9. 11. 41
Liebe Familie B.
Heute nun haben die Gewißheit bekommen, daß wir uns am Montag d. 16. 11. stellen müssen, um am 17. 11. morgens abzufahren u. zwar nach dem Osten.

Im Namen aller Geschwister herzlichen Dank für alle erwiesene Güte und liebes herzliches Lebewohl. Sobald es uns möglich lassen wir von uns hören. Wir wünschen, daß Eure 3 Lieben gesund zu Euch zurück kehren. …
Herzlichst die 6 B. (= Geschwister Bloch)
Obst dankend erhalten, ist ganz prachtvoll, es war für uns eine große Freude.

Im zweiten unmittelbar vor der Deportation verfassten Brief haben Dora, Meta und Helene Bloch nacheinander einige Zeilen geschrieben.

Sonnabend, den 15. 11. 41
Meine liebe Familie B.
Noch kurz vor unserer Ausreise sollen Ihnen meine Grüße und vor allem meinen Dank für die prachtvollen Sachen, die Sie uns gesandt haben, gelten. … Durch Frl. K. ... hören Sie immer, aber es kann lange dauern.

Wir sitzen wie auf Nadeln, denn Albert u. Else, Meta u. ich müssen mit zur Revision der Koffer. So viel … Gutes ist uns beim Abschied erwiesen, daß wir ein gutes Andenken mitnehmen und wollen wir hoffen, daß der liebe Gott mit uns ist. Daß Sie liebe Frau B. und alle lieben Kinder für uns beten ist uns eine große Beruhigung. Mit vielen guten Wünschen für alle Lieben will ich schließen und rufe Ihnen ein “herzl. letztes Lebewohl“ zu.
Ihre treue Dora Bloch

Meine Lieben!
Nun gehen wir 6 mit der fast ganzen Gemeinde zusammen. Worte des Dankes für alle erwiesene Liebe giebt es nicht, jedes Teil war herrlich, also allen Spendern … unseren innigsten Dank. … Montag Morgen 9 Uhr müssen uns stellen. Also Ihnen Allen ein „herzliches Lebewohl“
Herzlichst Ihre Meta Bloch
Liebe Toni! Soeben erzählt Albert mir ganz glücklich, daß das Hemd, welches Ihr mit schicktet, so prachtvoll sitzt, er hat es mit für die große Reise angezogen. Nach ein paar Wochen kannst Du Dich mal nach uns erkundigen.

Liebe Familie B.
Seien Sie uns nicht böse wenn wir erst heute schreiben u. Ihnen für Ihre so große Güte herzlich danken. … Wenn der liebe Gott uns nur gesund läßt, werden wir vielleicht auch diese Strapazen überstehen. Wir sind alle 6 sehr traurig aber doch gefaßt. Der Allgütige wird es uns nicht schwerer auferlegen wie wir es ertragen können. …

Wir sind Alle sehr nervös, unendlich viel zu bedenken giebt es, damit auch nichts vergessen wird u. von früh bis spät Besuch. … Ich rufe Ihnen nochmals ein herzliches Lebewohl zu.
Besonders herzlich grüßt Sie Ihre Helene Bloch
Sobald es uns möglich geben wir mal Nachricht.
Zitiert nach Peter Sieve, Das Schicksal der Vechtaer Juden im Dritten Reich, Vechta 1988

Von Bremen aus wurden Helene und Meta Bloch im November 1941 in das Ghetto Minsk in Weißrussland deportiert und dort ermordet. Als ihr Todesdatum gilt der 28. Juli 1942.

 

Der Text des Stolpersteins für Helene Bloch lautet:

HIER WOHNTE
HELENE BLOCH
JG. 1879
UNFREIWILLIG VERZOGEN
1937 VECHTA
DEPORTIERT 1941
MINSK
ERMORDET 28.7.1942

 

Der Text des Stolpersteins für Meta Bloch lautet:

HIER WOHNTE
META BLOCH
JG. 1881
UNFREIWILLIG VERZOGEN
1937 VECHTA
DEPORTIERT 1941
MINSK
ERMORDET 28.7.1942

 
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